Gasshuku in Nahariya / Israel

Bericht zum Academy Gasshuku in Israel vom 31. Mai - 6. Juni 2006
von Gerhard Scheuriker

 

Seit langen war geplant am Gashuku der KSK-Academy teilzunehmen. Nicht ohne einem Grummeln im Bauch, denn die Situation in Israel ist alles andere als sicher, wenn man den Berichten in den Nachrichten glauben schenkt.

Sensei Pascal Petrella und ich haben uns im Zug nach Frankfurt getroffen und sind dann gemeinsam zum Flughafen gefahren. Obwohl wir mehr als zwei Stunden vor dem Abflug angekommen sind, verging die Zeit aufgrund von gründlichsten Kontrollen all unseres Hab und Gutes wie im Fluge. Der Aufwand, der bei den Kontrollen gemacht wurde, hatte ich bisher noch nie erlebt. Sicherheit scheint dabei wirklich ernst genommen zu werden. Sensei Pascal Petrella hatte auch immer wieder das Problem, dass das Bild in seinem Ausweis ihm nicht ähnlich genug ist. Ich glaube das bereitete uns ein paar extra Kontrollen.

Dann ab ins Flugzeug und mit etwas Verspätung kamen wir dann sicher nach vier Stunden Flug in Tel Aviv an. Leider wurde Pascals Koffer immer noch aus Sicherheitsgründen in Frankfurt zurückgehalten aber ansonsten lief ab jetzt alles absolut klasse. Gil, ein Schüler von Sensei Arie Farkash hat uns vom Flughafen zum Zug gebracht, der nach zwei Stunden in Nahariya eintraf. Dort wurden wir von Sensei Arie Gilksman abgeholt und ins Park Plaza Hotel Naharya gefahren. Es war bereits 23.30 Uhr und wir machten uns auf mit den anderen Teilnehmern am Strand unser Nachtmahl zu uns zu nehmen. Ein angenehm kühler Wind, ein gutes Essen und die nette Gesellschaft waren ein gelungener Abschluss für den anstrengenden Tag.

Am Donnerstag 01.06.2006 stand uns der Vormittag zur freien Verfügung. Pascal erkundete mit Sensei Dirk Heene, Sensei Arie Gilksman und Philip die nahe gelegene Hafenstadt Akko.

In dieser historischen Stadt, die bereits den Römern vor 2000 Jahren als Anlaufpunkt diente, leben Juden, Christen und Moslems friedlich zusammen. Besonders sehenswert war der Markt (Shuk) und die Templerburg mit seinen unterirdischen Stollen.

Sensei Arie Farkash, Sachiko und Chieko Kase sowie Loris Afara und ich hingegen verbrachten den Vormittag an der libanesischen Grenze, die nur 10 km von Nahariya entfernt liegt. Nebst ortsüblichem Stacheldraht hatte man einen wunderschönen Ausblick auf das Meer.

Sachiko und Chieko Kase, Gerhard Scheuriker

Arie Farkash, Loris Afara

Dann folgte ein Bisschen ausspannen im Wellnessbereich des Country Clubs und um 15.30 Uhr war es dann endlich soweit. Pünktlich holte uns der Fahrservice vom Hotel ab und brachte uns in das nahe gelegene Kibbutz Kabri zum Training.

Sensei Dirk Heene gestaltete das Eröffnungstraining mit den Grundlagen des Karate von Sensei Kase. Ten no kata Omote (Kataform) wurde zuerst in verschieden Geschwindigkeiten geübt. Dabei war natürlich die Atmung ein zentrales Thema. Danach kamen die Partnerübungen (Ten no kata Ura) dran. Schön war dabei, dass uns Sensei Dirk Heene die verschieden Entwicklungsstufen, die diese Übungsform bei Kase Sensei durchlief, aufgezeigt hat. Da es sich bei der Ten no Kata um ein Übungssystem handelt, wurden auch Erweiterungen (Henka) geübt, wie z. B. Doppelangriffe (Hente) und Konter mit Hente und Seite Techniken.

Das heiße Wetter (35°C) hinterließ seine Spuren und so freuten wir uns alle auf das gute Essen, das uns bei der Willkommensparty wieder zu Kräften kommen ließ.

Am Freitag fuhren wir dann alle gemeinsam recht früh zum See von Genezareth, der unter den Golanhöhen liegt. Jedem der die Bibel kennt ist dies sicherlich ein Begriff.

Ein Reiseführer erklärte uns die wichtigsten geographischen und historischen Gegebenheiten und die Bedeutung des Sees für Israel. Für mich war es neu, dass 80% der Trinkwasserversorgung von Israel an diesen See gekoppelt ist. Auch der geschichtliche Hintergrund um Jesus Christus wurde uns nahe gebracht. Hier wandelte Jesus über das Wasser und hier steht auch die Kirche der Seligsprechung.

See von Genezareth

Brotvermehrungskirche in Tabgha

Die Brotvermehrungskirche in Tabgha war dann unser nächstes Ziel. Dort fand das im Evangelium beschriebene Wunder der Brotvermehrung statt.

Zuletzt besuchten wir noch die Stätte an der Jesus von Johannes dem Täufer getauft wurde. An diesem Ort wurden während unserer Anwesenheit mehrere erwachsene Menschen getauft.

Sachiko, Dirk Heene, Chieko Kase

 

Auf dem Weg ins Hotel machten wir noch kurz halt um die einheimische Küche, in diesem Fall die arabisch vegetarische Küche (Falaffel), zu genießen

Um 14 Uhr trafen wir wieder im Hotel ein, wo wir nach einem kurzen "Mokuso" zur unseren nächsten Trainingseinheiten gefahren wurden.

Sensei Pascal Petrella eröffnete das Training mit einem kurzem Randori zum Warmmachen. Ich muss gestehen, dass ich schon warm war als ich die Halle betreten hatte. Das Klima war nach den regnerischen Tagen in Deutschland echt gewöhnungsbedürftig. Systematisch wurden dann die acht Abwehrtechniken mit geschlossenen Händen in Kihon und Kumite Übungen zu einer längeren Kette von Techniken mit Hente, Seite und Gyaku Uraken Techniken sowie Okuri Ashi mit Tritttechniken ausgebaut. Sensei Petrella machte dabei mit seinen Demonstrationen deutlich, wie eine korrekte Atmung eine wirkungsvolle Technik unterstützt. Details, wie man mit was und wohin trifft, wurden erklärt und geübt. Vor allem wurde aber die kämpferische Einstellung, die bei den Übungen notwendig ist, immer wieder gefördert.

Frau Kase wohnte mit ihrer Tochter Sachiko dem Training bei und gab so den Übenden ein gutes Gefühl indem sie wohlwollend das Training beobachtete.

 

Sachiko und Chieko Kase

Sensei Petrella erhält von Sensei Farkash ein Geschenk

Sensei Dirk Heene übernahm die zweite Einheit. Gekonnt bereitete er uns über die Heian Sandan auf die Kata Jitte vor. Wie immer war sein Training gespickt mit Informationen aus Geschichte, Gesundheit und natürlich Anekdoten aus den Erlebnissen mit Sensei Kase. Das Ganze führte zu einem gut durchdachten Bunkai, dass dann ausgiebig zu dritt geübt wurde.

Am Abend trafen wir uns alle bei Sensei Arie Farkash zu Hause bei einem gemeinsamen Grillabend.

Wie gewohnt war alles bestens vorbereitet und so konnten bei einem guten Essen in einer sehr familiären Umgebung schöne Gespräche geführt werden. Die Nationen rückten sich dabei näher.

Samstag den 03.06.2006 fanden die beiden letzten Einheiten statt. Sensei Heene machte den Einstieg mit einigen Gi Gong Übungen und stellte dabei die gesundheitlichen Aspekte der verschieden Übungen vor. Dies führte zu einer Erwärmung des Körpers aus dem Inneren heraus. Geschickt zeigte er den Teilnehmern auf, wie diese Übungen in der Kata Jitte wieder zu finden sind. Danach baute er eine Partnerübung mit Kihon auf, aus der aus vier Richtungen angegriffen wurde. Er setzte einen deutliche Bezug zu der in einem reellen Kampf benötigte Bewegungsweise. Er schaffte es auch immer wieder die von Sensei Pascal Petrella zuvor angesprochen Prinzipien mit einzuarbeiten.

Sensei Petrella übte dann nach seinem obligatorische Freikampf zur Erwärmung mit uns die offenen Blocktechniken im Kihon und mit Partnerübungen. Die Steigerung des Schwierigkeitsgrades lag in diesem Training nicht in der Vielzahl der Techniken, sondern in der schnellen Folge von zwei Fauststößen (Nihon-Tsuki aus dem 3. Dan Programm). Dabei wurde einem unmissverständlich deutlich, wofür ein Ko Waza Block ("kleine Abwehr") benötigt wird.

 

Arie Gilksman, Sensei Petrella

Da nicht jeder aufgrund der physikalischen Grundgesetzte eine Abwehr mit Atobaya (durchdringende Abwehr) durchführen kann, bot Pascal Petrella einen weichen Block als Alternative an. Mittels einer geschickten Ausweichbewegung (Kawashi) gelangte man hinter den Angreifer und konnte so einfacher einen Gegenangriff durchführen. Die Idee von Sensei Kase, Bewegungsenergie so lange wie möglich weiterzubenutzen, fand bei dieser Übung zusätzlich Anwendung. Sensei Pascal Petrella trieb uns über die Zeit hinaus zu Höchstleistungen an. Nach knappen vier Stunden Training an diesem Tag war ich dann doch froh mit der Regenerationsphase für meinen Körper beginnen zu können. Die Arme und Beine waren blau, die Muskeln schmerzten, aber schön war es doch.

Als Belohnung hatte sich Sensei Arie Farkash etwas besonderes einfallen lassen. Wir fuhren in das Drusen Dorf Pequin. Dort vertreibt eine in Israel sehr bekannte "Kräuterhexe" so allerlei gesunde Öle, Seifen und Duftkerzen. Ein Produkt erfüllte die Linderung nahezu aller typischen Karateleiden, wie schmerzende Gelenke, blaue Flecken und verspannte Muskeln. Danach sind wir in einem wunderschönen Restaurant essen gegangen. Die Küche war hervorragend und obwohl wir viel gegessen hatten, lag es uns nicht schwer im Magen. Loris forderte uns nach und nach alle zum Tanzen auf, was den Abend in einem schönen Fest enden ließ.

Sachiko, Gerhard, Lori

 

 

Am Sonntag den 04.06.2006 sind wir zu unserer Rundreise durch Israel von einem Bus abgeholt worden. Unser Reiseführer Simha Ron hat uns mit seinen Information und seinem unverkennbaren Lachen die Reise verschönert. Die Geburtsstätte von drei Weltreligionen bietet neben den landschaftlichen Reizen viel geschichtliche Zusammenhänge.

 

 

In Jerusalem konnten wir einiges über die schwierige Situation erfahren, die sich aufgrund der Ansprüche auf die Heilige Stadt ergeben. Die Altstadt ist zwischen Christen, Moslems, Juden und Armeniern strikt aufgeteilt. Bibelfeste Menschen können hier wirklich alle wichtigen Plätze der Geschichte sozusagen live erleben. Die Klagemauer, das Grab Christi, die Kreuzigungsstätte, um nur einige zu nennen. Nach vielen schönen Geschichten sind wir dann zum toten Meer gefahren. Ein Bad darin war genau das Richtige, um sich den geschundenen Körper erholen zu lassen.

Ein gemeinsames Essen und das gemütliche beisammen sein am Abend rundeten diesen Tag ab.

Am Montag hatten wir dann ein weiteres geschichtliches Highlight auf der Tagesordnung: Masada. Eine Festung mitten in der Wüste nahe dem Toten Meer. Hier fand der letzte verzweifelte Versuch des Wiederstandes der Zionisten gegen die römischen Besatzer statt. 960 Juden (Männer, Frauen und Kinder) entschieden sich freiwillig für den Tod, sozusagen ihre Freiheit, und gegen die Sklaverei. Wenn man die Hitze vor Ort erlebt, scheint es einem unvorstellbar, wie die Menschen dort überleben konnten. Aber nach den Erklärungen von Simha Ron wurde uns klar, wie durch das geschickte Bauen, das ausgeklügelte Wasserversorgungssystem und die besondere Lagerhaltung der Nahrungsmittel ein Überleben gesichert war. Auch auf Luxus musste dank eines römischen Bades nicht verzichtet werden. Der Eindruck, den es auf uns hinterlassen hat, ist nur schwer zu beschreiben.

Mit der Oase En Gedi lernten wir eine weitere Facette der Wüste kennen. Mitten in der sengenden Hitze tritt aus den Felsen Wasser heraus, das über mehrere Wasserfälle durch kleinen Pools fließt, die zu einem erfrischenden Bad einladen.

Arie, Ron, Arie, Philip, Dirk, Lori, Gerhard, Frank, Pilar

 

Mit diesem schönen Erlebnis fuhren wir dann in ein Hotel nahe Jerusalem zurück. Hier verabschiedeten wir uns von unseren israelischen Gastgebern, die das alles zu einem unvergesslichen Erlebnis gemacht haben. Ich kann mich im Namen aller nur Bedanken.

Am Abend aßen wir noch gemeinsam mit der Familie Kase, Sensei Heene, Sensei Petrella, Torsten Heiber und Frank Marcinek aus Berlin zu Abend. Wir alle, Deutsche, Belgier, Spanier und Japaner saßen gemütlich in der Hotelbar zusammen und redeten über das Erlebte, bis die Müdigkeit siegte und wir uns zu Bett begaben.

Um 4.45 Uhr klingelte der Wecker und die Rückreise begann. Irgendwie wach werden, Auschecken, Transfer zum Flughafen mit Frau Kase und Sachiko Kase und dann gingen die Kontrollen wieder los. Diesmal kamen wir ohne Befragung erst gar nicht in das Flughafengebäude rein. Unser Handgepäck wurde mindestens 20 mal durch den Scanner geschickt, bis wir freie Bahn hatten. Diesmal war der Flieger nicht ausgebucht und so konnten Sensei Petrella und ich uns drei Sitze teilen, was den Rückflug nebst den Gesprächen recht angenehm erschienen ließ. Gegen 13 Uhr sind wir dann in Frankfurt gelandet, wo sich unsere Wege trennten. Sensei Petrella flog weiter nach England zu einer Fortbildung und ich fuhr mit dem Zug nach Karlsruhe. Zum Glück hatte ich noch einen Tag extra Urlaub genommen und konnte so ein Teil des fehlenden Schlafes nachholen. Abschließend kann ich sagen, dass Israel auf jeden Fall eine Reise wert ist.

09.06.2006, Gerhard Scheuriker, Fudoshin Dojo Karlsruhe

 


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